Obstbäume veredeln – Techniken der Obstbaumveredelungen
Obstbaumsorten können nur durch Veredelung vermehrt werden, da die unterschiedlichen Eigenschaften der vielen Edel-Obstsorten und Auslesen nicht über Aussaaten (Generative Vermehrung über Samen) weitervererbt werden können. Die Vermehrung von alten Obstsorten kann auch nicht mit Stecklingen oder bewurzelte Steckhölzer erfolgen. Einzig deren Wildform (Veredelungsunterlage) können über Samen oder Wurzelabrisse vermehrt werden. Für die verschiedenen Obstarten der Äpfel, Birnen, Kirschen, Pflaumen und Zwetschgen u. a. stehen je nach gewünschter Stammform Veredelungsunterlagen zur Verfügung, die verschiedene Wuchsstärken und Eigenschaften aufweisen. Die richtige Abstimmung der Obstsorte auf der zu veredelnden Unterlage ist sinnvoll für die Auswahl des Standortes, der Wuchsgrösse, der zu erwarteten Erträge und des Alters der Bäume.
Die richtige Veredelungsstelle für die spätere Stammform
Um die unterschiedlichen Wuchseigenschaften eines Obstwildlings (Obstunterlage) nutzen zu können, ist die Wahl der Veredelungsstelle wichtig. Die üblichen Methoden der Obstbaumveredelungen sind von der später gewünschten Stammform abhängig und können folgend angewendet werden:
- als Gerüstveredelung an der Baumkrone
- als Kronen- oder Kopfveredelung
- als Wurzelhalsveredelung
- oder als Wurzelveredelung
Die Veredelungstechnik für Obstbäume
Jede Veredlungstechnik ist abhängig von der Beschaffenheit der Veredelungsunterlage, des zu verwendeten Edeltriebes und der Jahreszeit in dem die Obstveredelung durchgeführt wird. Sehr häufig wird bei kleinwüchsigen Buschobst die Okulation (= Augenveredlung) angewendet.
Diese Veredelungstechnik kommt ausschließlich in den Sommermonaten von Juni bis August zum Einsatz in der Obstbaumschule. Mit der sog. T-Schnitt-Technik werden dabei einzelne Knospen (= Augen) aus dem 1-jährigen Fruchtholz-Zweig einer Edelobstsorte mit einem speziellen Veredelungsmesser herausgeschnitten und unter die Baumrinde der Unterlage eingesetzt, die im Laufe der nächsten Vegetation mit der Unterlage verwachsen soll.
Die fertigen Okulationsstellen werden anschließend noch mit dehnbaren und mitwachsenden Gummiverbänden (Okuletten) verschlossen und somit gegen Austrocknung geschützt. Ist die Veredelung mit Erfolg angewachsen und schon ca. 20-30 cm ausgetrieben, wird die Wildlingsunterlage im nächsten Arbeitsschritt ca. 5 cm oberhalb der Veredlungsstelle abgeschnitten und der Edeltrieb durch Anstäben zu einem richtigen Obstbaum gezüchtet.
Die richte Wahl der Obstbaumunterlage für die Baumveredelung
Die richtige Wahl der Obstbaumunterlage ist von entscheidender Bedeutung bei der Obstbaumzüchtung, um die Standfestigkeit, Frosthärte, Krankheitsresistenz und letztendlich auch die Qualität und Quantität der Obstgehölze auf ihren Ertrag bestens abzustimmen. Die zwei Veredelungstechniken Kopulation und Geissfuß kommen daher fast ausschließlich in den Wintermonaten an halbstämmige oder hochstämmige Obstbäume als Kopfveredelungen (= Pfropfung) zum Einsatz. Sind Edelreis und Obstunterlage von gleicher Stärke, wird die einfache Kopulation angewendet. Hierbei werden beide Gegenstücke mit einem sauberen Schrägschnitt vorbereitet und die Wundflächen passend aufeinandergelegt.
Sollte das Edelreis aber wesentlich kleiner als die Wildunterlage sein, wird die Geissfußtechnik angewendet. Hierbei erfolgt das Aufpfropfen auf die Obstbaumunterlage mit einem keilförmig geschnittenen Edelreis. Das Edelreis wird anschließend in eine entsprechend gleichgeschnittene Kerbe hinter die Rinde bis in das Holz der Unterlage eingeschoben und sicher fixiert. Für die Geissfuß- und auch Kopulationstechnik werden ebenfalls nur einjährige und gut ausgereifte Edelreiser verwendet. Jedes zu veredelnde Edelreis sollte mindestens 3 und maximal 5 Trieb-Knopsen (Augen) aufweisen. Der Grund liegt darin, das es während der Anwachsphase vorkommen kann, das die oberen 1 oder 2 Augen eintrocknen können und gar nicht erst austreiben.
Mehrere vorhandene Augen geben somit etwas mehr Sicherheit für eine erfolgreiche Baumveredelung. Alle fertigen Veredlungsstellen werden anschließend mit Bast umwickelt, damit Unterlagen und Edelreiser sauber zusammenwachsen können. Bei der Okulationstechnik kommen allerdings heutzutage nur noch dehnbare und mitwachsende Gummiverbände (Okuletten) zum Einsatz, um die Obstsorten-Veredelungen zu schützen. Um Austrocknungen zu vermeiden und die Kallusbildung rund um die Schnittstellen zu fördern, werden alle noch offenen Baumwunden mit Flüssigwachs, Baumharz oder Lackbalsam versiegelt. Auf unseren Webseiten können Sie auch entsprechende Angebote und Pflegemittel für die Baum-Wundbehandlung bestellen.
Nach erfolgreichem Anwachsen der Veredelungen werden vorhandene Plastik- oder Bastverbände aufgeschnitten oder ganz entfernt, damit diese später nicht in das Holz einwachsen oder das weitere Wachstum durch Einschnüren behindern können.